18. SONNTAG im Jahreskreis

 

Jesus (er)öffnet eine Diskussion, eine Werte-Diskussion. Was brauchen wir unbedingt zum Leben? Worauf bauen wir unser Leben? Was beherrscht meine Erwartungen, Hoffnungen, wofür setze ich meine Lebensenergie ein? Ist es der materielle Wohlstand, immer mehr Geld und Besitz? Eine Grundsatzdiskussion, die heute genauso aktuell ist.

Der Anlass ist ein Erbstreit. Es gab ihn damals, es gibt ihn heute. Die heftigsten Streitereien, mit den größten Gehässigkeiten zwischen Geschwistern und Familienmitgliedern entstehen wegen eine Erbschaft. Und das im Namen der Gerechtigkeit: Ich habe ein Recht darauf. Jesus verweigert es, da zu intervenieren. Und warum? Weil er die Menschen kennt und weiß, dass der eigentliche Hintergrund nicht die Gerechtigkeit ist, sondern ein Urinstinkt des Menschen: Haben wollen, die Gier nach Geld und Besitz. Das ist für viele Menschen eine große Schwachstelle.

Unser ganze Gesellschaft scheint darauf aufgebaut zu sein. Es scheint nur um „Wirtschaftswachstum“ zu gehen. Immer nur mehr produzieren, immer mehr Gewinn machen. Der Profit ist das höchste Gut. Deswegen müssen wir immer mehr verbrauchen, konsumieren und Sachen kaufen, die wir im Grunde eh nicht brauchen. Aber geht es uns deswegen besser? Die ganze Werbung zielt darauf ab, uns das glauben zu lassen. Geiz ist geil."

Welche Politiker traut sich heute zu sagen, dass weniger Konsum gut für die Menschen ist? Das ganze Wirtschaftssystem stellt sofort eine Rute ins Fenster: Dann werden die Arbeitsplätze verloren gehen. Eine Art von Erpressung. Denn der Wirtschaft geht es nicht an erster Stelle um Arbeitsplätze, sondern um Gewinn und Profit. Und wenn diese nicht weiterwachsen, kommt die Untergangs-stimmung. Erleben wir das nicht gerade in dieser Zeit, wo alles danach aussieht, dass wir zurückschrauben werden müssen, weniger konsumieren und haben können, weil wir uns vieles nicht mehr leisten werden können? Die Frage nach der materiellen Absicherung unseres Lebens beschäftigt uns bewusst oder unbewusst immer. Zurecht. Wir müssen vorsorgen. Der Denkfehler dabei ist, dass wir glauben nur im materiellen Bereich vorsorgen zu müssen. „Hast du was, bist du was!“

Dagegen reagiert sowohl das Buch Kohelet, aus dem wir in der ersten Lesung einen Ausschnitt gehört haben: „Alles ist Windhauch.“ „Windhauch" ist das Schlüsselwort für die Vergänglichkeit aller irdischen Güter und die Vergeblichkeit vielen menschlichen Mühens. Das ist kein Pessimismus, sondern Realismus. „Wozu sich abmühen, wenn der Tod am Ende doch alles verschlingt? Wozu Reichtümer ansammeln, wenn man sie am Ende alle aufgeben muss?“ Das Totenhemd hat keine Taschen. Ich muss alles zurücklassen. Ich bin nicht der Besitzer meiner Güter, nur ihr Verwalter. Ich kann mir nichts ins Grab mitnehmen.

Im Grunde genommen sagt Jesus das Gleiche. Nicht, dass dieser Bauer viel Besitz hat ist falsch und auch nicht seine Fürsorge für die Zukunft. Es geht um seine Lebenseinstellung: Er denkt nur an sich. Er will das Leben nur für sich absichern und genießen. „Du Narr! Heute noch kannst du sterben!“ Der Sinn des Lebens besteht doch nicht darin, im Überfluss zu leben, während andere hungern. Die Gefahr ist groß, nicht dass wir Geld und Besitz haben – sondern dass diese Dinge uns besitzen, uns „besessen“ machen. Immer mehr Habenwollen, Gewinnmachen und Anhäufen. Es ist eine tief eingefleischte Lebenseinstellung, eine Ideologie, eine Illusion, gegen die sowohl Jesus im Evangelium, als auch der Autor des alttestamentlichen Buches Kohelet ankämpfen. »So steht es mit allen, die für sich selber Besitz aufhäufen, aber bei Gott nichts besitzen«, sagt Jesus.

Ein weiser Mann führt einen Reichen an sein Fenster. „Sieh hinaus und erzähle, was du siehst.“ „Menschen“, antwortet der Reiche. Darauf führt ihn der Weise vor einen Spiegel. „Was erblickst du jetzt?“ „Ich sehe mich selbst“, sagt dieser. Darauf sagt der Weise: „Merke: Das Fenster ist aus Glas, und der Spiegel ist aus Glas. Aber das Glas des Spiegels ist mit ein wenig Silber belegt. Kaum kommt ein wenig Silber dazu, so hörst du auf, andere Menschen zu sehen. Du siehst nur noch dich selbst.“ Einer hat einmal gesagt: „Manche Menschen sind so arm, dass sie nur Geld besitzen.“

Ein Christ, ein Mensch, der denkt wie Jesus Christus, hat eine andere Lebenseinstellung. Für ihn gelten andere Werte, für ihn sind andere Dinge wichtiger als Geld und Besitz.

 

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